Bei den Vorbereitungen der Arbeiten für den Sicherheitsstollen Cholfirst wurden Fundamente, Backsteinreste und Tonscherben gefunden. Diese stammen von der ehemaligen Tonwarenfabrik Ziegler, die bis in die 1960er-Jahre an beiden Seiten des Flusses ansässig war.

Portrait Michael Ritter

 

Nicht selten ist es der Fall, dass bei Bauarbeiten plötzlich Relikte vergangener Jahre hervorkommen. So auch bei den Vorbereitungsarbeiten für den Sicherheitsstollen des Cholfirsttunnels. Die folgenden archäologischen Ausgrabungen brachten verschiedene Funde hervor. Darunter waren verschiedene Backsteinreste und Tonscherben, Bruchsteinschichten oder Teile eines alten Kopfsteinpflasters, das einst wohl als Zufahrt oder Vorplatz diente. 

Diese Zeitzeugen stammen aus nicht allzu weiter Vergangenheit und gehörten zur Tonwarenfabrik Ziegler. Jakob Ziegler gründete die Fabrik 1828, als er die städtische Ziegelhütte in Schaffhausen pachtete. Am rechten Rheinufer, in Neuhausen am Rheinfall, liess er dann alsbald ein Firmengebäude erstellen. Als Ziegler den Flurlinger Steinbruch kaufte, errichtete er weitere Fabrikgebäude auf der Zürcher Rheinseite – gleich neben dem heutigen Cholfirsttunnel. Dort produzierte das Unternehmen ab 1839 das bekannte Ziegler Kochgeschirr, das sich grosser Beliebtheit in der Region Schaffhausen erfreute. 

1860, kurz vor seinem Tod, liess Ziegler gar einen Steg über den Rhein bauen, der beide Fabriken miteinander verbindet. Schon zuvor baute der Schaffhauser Industriepionier einen kleinen Rheinzufluss, um so Strom für seine Fabrik in einem kleinen Wasserkraftwerk zu produzieren. Dafür liess er einen Tunnel durch den Rheinfels graben, der gleich neben der heutigen A4-Autobahnbrücke liegt, und kanalisierte so das Wasser bis zur Fabrik hinunter. 

 Ziegler Tonwarenfabrik 1861 Bild Ceramica ch.ch

Brand, Bombardierung und Betriebsschliessung

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts geriet die Tonwarenfabrik ins Straucheln. Ein Brand zerstörte das Gebäude auf Schaffhauser Boden, welches 1912 neu gebaut werden musste. Im selben Jahr wurde die Produktion in Flurlingen stillgelegt. Das Areal auf Zürcher Seite wurde verkauft und zwischen 1920 und 1928 abgerissen. Zeitdokumente zum Unternehmen sind heute nicht mehr viele vorhanden. Die irrtümliche Bombardierung Schaffhausens durch amerikanische Flieger am 1. April 1944 traf auch die Ziegler Tonwarenfabrik, die fast vollständig zerstört wurde. Auch das firmeneigene Archiv war davon betroffen. 1945 bis 1946 folgte ein erneuter Wiederaufbau der Fabrik. Die ausländische Konkurrenz führte jedoch dazu, dass die Tonwarenfabrik die Keramikproduktion ab 1965 zurückfahren musste. Eine wirtschaftliche Erholung traf trotz dieser Massnahme nicht ein. 1973 wurde der Betrieb der Tonwarenfabrik endgültig geschlossen. 

Die gefundenen Überreste der einst erfolgreichen Schaffhauser Tonmanufaktur auf Flurlinger Seite befinden sich heute im archäologischen Fundlager des Kantons Zürich. Die Ausgrabungsstelle wurde nach der Dokumentierung wieder fachgerecht zugeschüttet. 

Weitere Informationen und Bilder rund um die Tonwarenfabrik Ziegler finden Sie auf Ceramica-ch.ch.  

 

 

Archäologie und Nationalstrassen – Hand in Hand

Im Zusammenhang mit Nationalstrassenprojekten hat die präventive Archäologie zum Ziel, allfällig vorhandene Fundstellen auf einem Projektperimeter frühzeitig zu erkennen sowie die notwendigen Massnahmen zu treffen.  Der Schutz und die Ausgrabung von Bodenaltertümern ist dabei Aufgabe der Kantone. Die Fachstelle Archäologie/Paläontologie des Bundesamts für Strassen ASTRA arbeitet eng mit den zuständigen kantonalen Dienststellen zusammen.